Forschungsgruppe Klinische Entscheidungsunterstützung

Die Forschungsgruppe Klinische Entscheidungsunterstützung fokussiert sich auf die Entwicklung von medizin- und bioinformatischer Methoden zur Analyse von medizinischen Daten mit dem Ziel der Diagnostik und Therapieoptimierung. Hierfür werden unterschiedliche klinische, molekulare und medizinische Bilddaten integriert und mit Hilfe von statistischen und maschinellen Lernverfahren analysiert. Die entwickelten Modelle dienen Stratifizierung von Krankheiten sowie der Identifizierung potenzieller Marker. Maschinelles Lernen wurde in vielen Bereichen der biomedizinischen Forschung erfolgreich eingesetzt. Es gibt jedoch noch viele Herausforderungen, die eine Übertragung in die klinische Praxis behindern. So führen insbesondere der begrenzte Stichprobenumfang und die systematischen Verzerrungen einzelner Kohorten zu spärlichen Daten, die Heterogenität medizinischer Register und Omics-Daten. Darüber hinaus führt ein Mangel an interpretierbaren und zuverlässigen Vorhersagen zu einem Mangel an Vertrauen in ansonsten hochpräzise Modelle. Wir begegnen diesen Herausforderungen mit verschiedenen Softwarearchitekturen und Algorithmen, wie zum Beispiel Modellaggregation durch föderiertes Lernen, Datenintegration und kleine Stichprobengrößen durch Transferlernen, Online- und zeitkritische Ereignisprognosen sowie Modell- und Vorhersageinterpretation durch erklärbare Methoden der künstlichen Intelligenz.

Forschungsschwerpunkte

Leverage the Unreachable - Föderiertes Lernen zur sicheren Generierung globaler ML-Modelle in der Medizin

Sensible Patienteninformationen wie klinische Daten und Daten aus medizinischen Registern werden häufig in kritischen, über verschiedene Einrichtungen verteilten Gesundheitsinfrastrukturen gespeichert. Die Analyse solcher Daten birgt Risiken für den Schutz der Privatsphäre und fällt daher unter eine Reihe von Rechtsvorschriften wie die Allgemeine Datenschutzverordnung (GDPR), was die Anwendung herkömmlicher Algorithmen für maschinelles Lernen oft unmöglich macht. Vor allem der Datenaustausch zwischen Institutionen über das Internet stellt ein Hindernis für Big-Data-basierte medizinische Innovationen dar. Deshalb entwickeln wir Algorithmen für föderiertes Lernen, die einer Privacy-by-Design-Architektur folgen. FL-Techniken zielen darauf ab, die Hürde des Austauschs von Patientenrohdaten zu überwinden und eine groß angelegte medizinische Datengewinnung zu ermöglichen. Die Idee ist, ein verallgemeinertes globales Modell ohne Zugang zu einem gemeinsamen Datensatz zu erstellen, indem lokal trainierte Modelle, die das Wesen der Daten erfassen, zusammengeführt werden. Im Rahmen dieser Fokussierung werden wir in kürze das BMBF finanzierte FAIrPaCT Projekt starten (siehe Projekte). Maryam Moradpour ist seit kurzem Mitglied unserer Gruppe und wird sich auf die Entwicklung von föderierten Algorithmen für sich nicht teilweise überschneidende biomedizinische Datensätze konzentrieren.

Just-In-Time Prediction - Online- und zeitkritische Ereignisprognosen

Der Großteil der gegenwärtigen klinischen und omics-Forschung beschränkt sich häufig auf die Untersuchung von Querschnittsschnappschüssen bestimmter Krankheiten. Die meisten Krankheiten durchlaufen jedoch während ihrer Entwicklung verschiedene Stadien oder entwickeln sich in Abhängigkeit von Einflüssen wie Genetik, Umwelt oder Medikamenten zu unterschiedlichen Subtypen. Daher kann eine Analyse, die sich auf einen einzigen Zeitpunkt der Metaboliten- oder Proteinhäufigkeit des Patienten konzentriert, potenzielle Biomarker-Muster übersehen, insbesondere wenn es darum geht, Subtypen von Krankheiten zu identifizieren und die Behandlung zu optimieren. Neue Technologien ebnen den Weg für Längsschnittanalysen und die Online-Überwachung von schnell fortschreitenden Krankheiten oder sich ändernden Patientenwerten, zum Beispiel von Parametern der Lungenfunktion oder Metaboliten in der Ausatemluft. Unsere Gruppe entwickelt Methoden und Pakete wie das R-Paket LoBrA für lineare Längsschnitt-Spline-Analysen und fortschrittlichere rekurrente neuronale Netze zur Modellierung realer Längsschnittdaten. Zum Beispiel haben wir das LoBrA-Paket auf metabolische Atemdaten von Ratten angewandt, um das Potenzial der computergestützten metabolischen Atemanalyse als Frühwarnsystem für zeitkritische Krankheiten wie Sepsis zu beleuchten. Darüber hinaus werden wir unsere Methoden einsetzen, um klinische Variablen zu untersuchen, die während der mechanischen Beatmung erfasst werden, und das Fortschreiten des akuten Atemversagens zu modellieren. Dr. Zully Ritter und Stefan Rühlicke arbeiten derzeit im Ensure Projekt, dessen Ziel es ist ein klinisches Entscheidungsunterstützungssystem für die Diagnostik in der Notaufnahme zu implementieren und dessen Nutzen im verleich zu bisherigen Leitfäden zu evaluieren.

Leveraging the Vast Known - Transferlernen zur Bewältigung der Herausforderungen von Datenheterogenität und -knappheit

Datenknappheit und Heterogenität sind zwei der größten Herausforderungen im Bereich der medizinischen Datenwissenschaft. Transferlernen ist ein potentieller Lösungsansatz für diese Probleme und wurde bereits erfolgreich in der medizinischen Bildgebung eingesetzt, indem vortrainierte Modelle aus allgemeinen Bilddatenbanken wie ImageNet verwendet wurden, um z. B. Hautkrebs zu erkennen. Darüber hinaus kann es auch in der biomedizinischen Forschung von großem Nutzen sein, wo ein Mangel an ausreichenden Daten noch häufiger vorkommt. Die bedeutenden technologischen Fortschritte der “Next-Generation Sequencing” Technologien haben zu einer großen Anzahl spezieller Studien mit unterschiedlichen Zielsetzungen geführt, die oft auf eine große Anzahl von Datensätzen verteilt sind.

Die daraus folgende Heterogenität der Daten ist eine der großen Herausforderungen für die integrative Analyse, die eine Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Entwicklungsbereichen erfordert und bisweilen dazu führt, dass die bestehenden Daten noch nicht vollumfänglich genutzt werden können. So erfordern beispielsweise verschiedene Datentypen eine unterschiedliche Verarbeitung, selbst wenn die Datensätze aus derselben Sequenzierungstechnik stammen. Darüber hinaus erschweren andere Herausforderungen wie Batch-Effekte und Rauschen oft die Analyse biomedizinischer Daten. In unserer Gruppe versuchen wir daher, Transfer-Learning-Methoden zu entwickeln, die diese Herausforderungen überwinden, indem wir große öffentliche Datensätze aus einem Bereich nutzen und diese übertragen, um Aufgaben in einem anderen Zielbereich mit kleineren Datensätzen zu verbessern und so aussagekräftige biomedizinische Erkenntnisse zu gewinnen. Kürzlich hat Youngjun Park eine Methode entwickelt, um Wissen zwischen Datensätzen aus verschiedenen Sequenzierungstechnologien zu übertragen um Batch-Effekte und Rauschen im Zielbereich zu metigieren. Derzeit entwickelt unser Team Methoden zur Domänenanpassung und zum Zero-Shot-Lernen, um Wissen auf eine andere biologische Domäne übertragen zu können.

Opening the Black Box - Modell- und Vorhersageinterpretierbarkeit durch erklärbare Methoden der künstlichen Intelligenz

Bei der Anwendung von maschinellen Lernverfahren in Bereichen wie der klinischen Entscheidungsunterstützungssystemen (CDSS) mangelt es typischerweise an Vertrauen in die sogenannten “Black-box” Lernmodelle, die es nicht erlauben, die Faktoren zurückzuverfolgen, die zu einer bestimmten Entscheidung führen. Der Bereich der eXplainable Artificial Intelligence (XAI) versucht, die Transparenz und Vertrauenswürdigkeit von KI-Modellen zu erhöhen und damit den Einsatz von KI-Modellen in CDSS zu steigern. Bislang ist ihre Nutzung jedoch hauptsächlich auf Data-Science-Experten beschränkt. In einem ihrer aktuellen Projekte entwickelt Frau Beinecke eine grafische Benutzeroberfläche (GUI) zur Visualisierung und Analyse von XAI-Faktorgewichtungen auf Graphdatensätzen wie Protein-Protein-Interaktionsnetzwerken, um Forschern aus anderen Bereichen ein tieferes Verständnis der zugrunde liegenden Modelle zu ermöglichen. Die GUI ist Teil einer Human-in-the-Loop-Plattform, die die Manipulation von Graphen auf der Grundlage der durch die XAI-Faktorgewichtungen gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen wird. Darüber hinaus arbeitet sie an einer umfassenden Benchmarking-Studie, die sich auf die Vertrauenswürdigkeit von XAI-Methoden bei verschiedenen Arten und Größen von insbesondere biomedizinischen Daten konzentriert, um einen Leitfaden zu entwickeln, der die Akzeptanz von KI-Methoden als klinische Entscheidungsunterstützungssysteme (CDSS) fördern wird. Darüber hinaus nutzt Zully Ritter klassische Tools wie SHAP und LIME, um Informationen darüber zu erhalten, welche Parameter und deren Gewichtung in Bezug auf die richtige Vorhersage in den Entscheidungsprozess einfließen. Diese Methoden sind unerlässlich, um die Akzeptanz dieser CDSS zu erhöhen, insbesondere in der Intensiv- und postklinischen Versorgung, nicht nur, um das Verständnis der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen, sondern vor allem, wenn sich die ML-Vorhersage von denen der Kliniker unterscheidet.

Klinische Entscheidungsunterstützung (CDSS) basierend auf maschinellen Lernmodellen

Modelle des maschinellen Lernens (ML) sind ein wesentliches Werkzeug, das, integriert in tragbare Geräte oder ein klinisches Setup, vom medizinischen Personal als klinische Entscheidungsunterstützung verwendet werden kann. Patientendaten, einschließlich Vitalzeichen, Symptome und Ergebnisdiagnose, werden häufig verwendet. Einige Überlegungen, wie physiologische Filter, sind für die Vorverarbeitung und Bereinigung von Datenschritten unerlässlich. Zully Ritter arbeitet an praktischen Anwendungen von maschinellen Lernmodellen, die die diagnostische Vorhersage bei Patienten in der Notaufnahme umfassen. In einem so spezifischen klinischen Umfeld ist die Beurteilung der Patientendiagnose ein zeitkritischer Prozess, um angemessene Behandlungsstrategien einzuleiten. Es stellt somit einen der wichtigsten Schritte in Bezug auf das Patientenergebnis in der Notfallversorgung dar. ML-Modelle sind zeitsparend und verwalten den klinischen Fall eines bestimmten Patienten unter Verwendung der zuvor gelernten Ergebnisse aus den analysierten Daten mehrerer Patienten in angemessener Zeit. In kritischen Fällen könnte es bei Notfallpatienten lebensrettend sein.

Anwendungsgebiete

Atem-Metabolomik in der klinischen Diagnostik

Gerüche und Dämpfe des Körpers und der Atemluft sind seit Jahrtausenden für ihre diagnostische Kraft bekannt. In der jüngeren Geschichte wurde dieses Wissen in klinischen Studien bestätigt, indem Hunde und Mäuse erfolgreich darauf trainiert wurden, Krankheiten durch das Erschnüffeln spezifischer Profile flüchtiger organischer Stoffe zu erkennen. Wie bei der Nase von Wirbeltieren gibt es analytische Technologien, die in der Lage sind, solche Metaboliten zu erfassen. Die Wissenschaft der Analyse der Gesamtheit aller Metaboliten in der Atemluft eines Organismus wird als Breathomics bezeichnet. Die entscheidende Aufgabe besteht darin, diskriminierende Muster zu identifizieren, die bestimmte Krankheiten vorhersagen können. Darüber hinaus wird die Atemluft, wie andere diagnostische Technologien auch, durch verschiedene Quellen systematischen oder zufälligen Rauschens beeinflusst. Das Feld muss von der Trennbarkeit zur Vorhersagbarkeit übergehen, indem es sich von Pilotstudien zu groß angelegten Screening-Studien entwickelt. Daher besteht die Notwendigkeit einer weiteren Standardisierung und Automatisierung bei der Verwaltung, Analyse und Auswertung dieser neuartigen Metabolomikdaten. Um dies zu erreichen, müssen noch mehrere Herausforderungen bewältigt werden: Datenakkumulation und Heterogenität, manuelle Peakfindung, unbekannte Metaboliten, robuste Statistiken und Biomarker, Hintergrundrauschen und Störfaktoren, heterogene Krankheiten und Krankheitsstadien, Benutzerfreundlichkeit, Wartbarkeit und Wiederverwendbarkeit.

Krebsdiagnostik und Behandlungsoptimierung

In den letzten Jahrzehnten haben die Grundlagenforschung und die klinische Krebsforschung zu vielversprechenden neuen Therapien und einer Verbesserung der Überlebenschancen bei einer Reihe von Krebsarten geführt, dennoch ist Krebs nach wie vor eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität. Die Forschung konzentriert sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, vom Verständnis der Krebsentstehung über die Entschlüsselung des Krankheitsverlaufs bis hin zur Bewertung der Anfälligkeit für Therapien. Dies führte zu einer noch größeren Vielfalt an Datensätzen, von klinischen Variablen wie Patientensymptomen, Laborwerte wie hormonellen Veränderungen, Daten aus invasiven Eingriffen wie Tumorgröße und -lokalisation sowie modernen molekularen Faktoren wie Gen- und Proteinhäufigkeit. In einer Reihe von Kooperationen haben wir solche Daten integriert, um beispielsweise zu untersuchen, ob Krebserkrankungen der Atmungsorgane anhand von Stoffwechselprodukten in der Atemluft von Patienten identifiziert werden können. Andere Studien konzentrierten sich auf das Potenzial von Genexpressionsdaten für die molekulare Subtypisierung von Tumoren oder die Identifizierung beteiligter molekularer Funktionen oder Stoffwechselwege, die potenziell zu neuen Zielstrukturen für Medikamente führen könnten. In einer anderen Studie analysierten wir eine Kombination aus klinischen, labortechnischen und chirurgischen Daten zur Vorhersage des Wiederauftretens von Prostatakrebs (PCR) nach erfolgreicher Primärbehandlung. In einem neuen Projekt arbeiten wir mit den gastroenterologischen Abteilungen der UMG, dem Klinikum rechts der Isar, der Technischen Universität München und der Philipps-Universität Marburg zusammen, um ein datenschutzgerechtes föderiertes Lernsystem zur Vorhersage des Behandlungserfolgs bei Pankreaskrebs zu entwickeln.

Vorhersage der Resistenz gegen Antibiotika

Ein allgemeines Ziel der mikrobiologischen Diagnostik ist die rasche Identifizierung von Krankheitserregern aus einer Patientenprobe und die Gewinnung von Informationen über ihre Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika, so dass der Arzt fundierte Behandlungspläne erstellen kann. Dies wird durch das häufige Auftreten von Resistenzen gegen antimikrobielle Arzneimittel (AMR) bei pathogenen Bakterien zunehmend erschwert, was zu einem wichtigen Problem für die Gesundheit von Mensch und Tier auf globaler Ebene geworden ist. Die Ausbreitung multiresistenter Erreger kann sogar ganze Gruppen antimikrobieller Arzneimittel unbrauchbar machen, was oft zu teuren und schwer zu behandelnden Infektionen bei Mensch und Tier führt. Während die Anwendung von ML-Methoden auf Massenspektrometriedaten zur Identifizierung von Mikroorganismen bereits etabliert ist, haben nur wenige Studien maschinelle Lernalgorithmen zur Vorhersage von Resistenzen eingesetzt. Eine besondere Herausforderung ist die Heterogenität der massenspektrometrischen Datensätze von verschiedenen Geräten, Instituten oder sogar Zeitpunkten. Unser Ziel ist es daher, robuste Modelle zu entwickeln, die auf andere Datensätze mit ähnlicher Struktur verallgemeinert werden können.

Modellierung der lungenprotektiven Beatmung auf der Intensivstation

Die mechanische Beatmung ist die wichtigste unterstützende und lebenserhaltende Maßnahme bei schwerem akutem Atemversagen bei Patienten mit akutem Atemnotsyndrom (ARDS). Nach vorsichtigen Schätzungen erkranken allein in Europa jährlich etwa 150.000 Patienten an ARDS. Die Sicherstellung des pulmonalen Gasaustauschs verschafft Zeit für die Behandlung der zugrunde liegenden Krankheitsursache. Die COVID-19-Pandemie führte zu einem massiven Anstieg der ARDS-Fälle weltweit und hat die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen und Probleme der mechanischen Beatmung aufgezeigt. Das Konzept der lungenprotektiven Beatmung zielt darauf ab, schädliche Nebenwirkungen zu vermeiden und gleichzeitig den Schutz zu verbessern, indem verschiedene Variablen, die während der mechanischen Beatmung erfasst werden, wie das Tidalvolumen, der Spitzen-Atemwegsdruck oder der positive endexpiratorische Druck (PEEP), überwacht werden. Die derzeitigen therapeutischen Ansätze, die sich oft nur auf einige wenige Variablen beziehen, berücksichtigen jedoch nicht in ausreichendem Maße die Behandlungskorridore, die für die Einstellung der mechanischen Beatmung festgelegt werden müssen, und können daher nicht an die personalisierte mechanische Beatmung für den einzelnen Patienten angepasst werden. Unser Ziel ist es, vorhandene klinische Daten von Patienten und Modellorganismen zu integrieren, um statistische Modelle zu entwickeln, mit denen die komplexen Wechselwirkungen zwischen den klinischen Beatmungsparametern untersucht werden können, um den Erfolg der mechanischen Beatmung vorherzusagen und das Risiko für den einzelnen Patienten zu prognostizieren. Diese Modelle werden der erste Schritt in Richtung eines (kausalen) Modells für personalisierte Beatmungseinstellungen sein.

Psychiatrische Pharmakogenomik-Forschung

Im Zeitalter großer genomischer Datensätze und des maschinellen Lernens (ML) ist die sichere Datenverwaltung eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung biomedizinischer Software, die persönliche, klinische und genomische Patientendaten verarbeitet. Insbesondere in der psychiatrischen und pharmakogenomischen Forschung, wo moderne ML-Ansätze langsam an Aufmerksamkeit gewinnen, ist die Vertraulichkeit der Daten ein ständiges Anliegen. Daher werden Technologien zur Wahrung der Privatsphäre eine entscheidende Rolle spielen, um den Weg für die Anwendung moderner ML in der medizinischen Diagnostik und Behandlungsoptimierung psychiatrischer Erkrankungen zu ebnen. Unser Ziel ist es, föderierte maschinelle Lernansätze für die personalisierte psychiatrische Diagnostik und pharmakogenomische Forschung zur Behandlungsoptimierung zu implementieren.

Vorhersage eines Herzinsuffizienzanfalls

Nicht nur retrospektive Daten, sondern auch Open-Source-Daten können für die Entwicklung von Modellen für maschinelles Lernen verwendet werden, die zur Vorhersage eines Ergebnisses für neue Patienten oder Probanden verwendet werden können. Zully Ritter beschäftigt sich mit allen diesen Schritten, von der Datenwissenschaft bis zur Entwicklung von Web-Apps, wie sie in dem Prototyp Projekt

CorMeum

, einer App zur Vorhersage von Herzinfarkten, zeigt.

Klinische Entscheidungsunterstützung in klinischen Einrichtungen

Eine weitere wichtige Anwendung ist die Vorhersage des Pflegebedarfs nach dem Krankenhausaufenthalt auf der Grundlage der Analyse von Routinedaten von Krankenkassen. In solchen Fällen müssen Zeitreihen oder wiederkehrende Ereignisse desselben Patienten verstanden werden, um eine ordnungsgemäße Modellentwicklung für maschinelles Lernen zu ermöglichen. ML-Modelle, die in realen Szenarien verwendet werden, müssen durch Quantifizierung ihrer Leistung und Tests unter Arbeitsbedingungen nachgewiesen werden, um ihre Grenzen, ihr Potenzial und ihre Verwendbarkeit zu bestimmen, bevor sie als klinische Unterstützung verwendet werden.

Diese Projekte sind nur möglich durch Interdisziplinarität und die Einbeziehung verschiedener Schlüsselinstitutionen, die über das Know-how, die adäquaten Daten und ein Umfeld für den Austausch und die kritische Selbstanalyse aller Schritte während der Projektentwicklung verfügen, angefangen von Projektzielen, Modellerstellung, Bereitstellung und Labortests, bevor sie in klinischen Studien implementiert werden. Weitere Details zu den aktuellen Projekten, wie ENSURE (ENtwicklung Smarter Notfall-Algorithmen dURch Erklärbare KI-Verfahren) und KI-THRUST Projekt (Potenziale KI-gesTützter VorHersageveRfahren aUf BaSis von RouTinendaten), bei der maschinelle Lernmodelle in die klinische Entscheidungsunterstützung implementiert werden, um in klinischen Setups verwendet zu werden, finden Sie auf den entsprechenden Projektseiten unten.

Verbundprojekte

FAIrPaCT- Federated Artificial Intelligence fRamework for PAncreatic Cancer Treatment optimisation

Ziel unseres Konsortiums, bestehend aus der Universitätsmedizin Göttingen, Uniklinikum Giessen und Marburg und der Technischen Universität München, ist die Entwicklung von FAIrPaCT, einem durch föderierte künstliche Intelligenz gestütztes Softwaresystem. Dies ermöglicht klinische Patientendaten und molekulare Daten von entnommenen Krebszellen von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs institutsübergreifend zu analysieren. Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine hochaggressive Erkrankung mit steigender Inzidenz, die Prognosen zufolge bis 2030 in den Industrieländern die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache sein wird. Aufgrund seiner außergewöhnlich aggressiven, lokal invasiven und zu Fernmetastasen neigenden Tumorbiologie, und der ungewöhnlich hohen und heterogenen Resistenz gegenüber konventioneller Chemotherapie gestaltet sich die Therapie oft schwierig.

Unser Projekt vereint drei der größten Patientenkohorten (KFO5002, KFO325, SFB1321) zum Thema Bauchspeicheldrüsenkrebs in Deutschland, die einzigartig in Größe und Heterogenität sind. In Kombination mit innovativen föderierten Methoden der künstlichen Intelligenz sind wir in der Lage robuste Hochleistungsmodelle zu trainieren, die die Erfolgswahrscheinlichkeit für spezifische Behandlungsansätze abschätzen können. Darüber hinaus wird FAIrPaCT es ermöglichen wichtige Parameter zu identifizieren, die das Ansprechen auf die Behandlung beeinflussen. Diese können Aufschluß darüber geben welche molekularen Mechanismen den Erfolg einer Therapie beeinflussen und somit die Entwicklung verbesserter Medikamente und personalisierter Behandlungsstrategien unterstützen. Schließlich ermöglicht uns der Übergang zu einer kohortenübergreifenden Analyse, von heterogenen lokalen Daten zu profitieren, robustere und klinisch relevantere Modelle zu erstellen, global relevante Marker zu identifizieren und letztendlich einen weiteren Schritt in Richtung einer durch künstliche Intelligenz unterstützten Präzisionsmedizin zu machen.

Lehre

Die CDSS Gruppe bietet in Kooperation mit Prof. Dr. Michael Altenbuchinger im Wintersemester die Veranstaltung “Advanced Statistical Learning for Data Science” in den B.Sc. und M.Sc. Studiengängen Angewandte Informatik und Data Science an. Darüber hinaus werden jederzeit Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten zu unseren Forschungsthemen angeboten siehe GWDG-Pad . Wenden Sie sich bei Interesse gerne an uns.

Kontakt

Stellv. Institutsleitung / W1-Professur Klinische Entscheidungsunterstützung

Prof. Dr. Anne-Christin Hauschild

Klinische Entscheidungsunterstützung

Jacqueline Metsch, M.Sc.

Klinische Entscheidungsunterstützung

Dr. rer. medic. Zully Ritter, M.Sc.

Klinische Entscheidungsunterstützung

Dr. Stefan Rühlicke

Klinische Entscheidungsunterstützung

Maryam Moradpour, M.Eng.

Klinische Entscheidungsunterstützung

Tien Nguyen, M.Eng.

Klinische Entscheidungsunterstützung

Miriam Maurer, M.Sc.

Master, Bachelor Studenten und Studentische Hilfskräfte

  • Mariana Eggert Martinez
  • Jakub Mikolajczak

  • Sabyasachi Chakrabarty

  • Jonas Rohn

  • Cord Erik Schmidt

  • Michael Wibergh

Offene Stellen

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